Der Begriff ABC steht für atomare (radioaktive), biologische und chemische Gefahren.

ABC-Einsätze werden nach der GAMS-Regel abgearbeitet:
G – Gefahren erkennen
A – Absichern der Einsatzstelle
M – Menschenrettung unter Eigenschutz
S – Spezialkräfte nachfordern.

Im Rhein-Sieg-Kreis wurden Ende 2016 zwei ABC-Züge gegründet. Die Städte Bornheim und Rheinbach stellen dabei den ABC-Zug West sowie Neunkirchen-Seelscheid und Sankt Augustin den ABC-Zug Ost. Diese Sondereinheiten dienen der vorgeplanten überörtlichen Hilfeleistung innerhalb des Rhein-Sieg-Kreises. Alle Kommunen haben ABC-Einsatzkräfte, jedoch wird auf diesem Wege gewährleistet, dass bei größeren Einsatzstellen ausreichend Personal vor Ort ist. Die spezialausgebildeten Einsatzkräfte üben dazu auch übergreifend. „Wir fördern hier, dass die Kameraden als eingespieltes Team vor Ort sind“, sagt Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg. Besonderer Vorteil ist zudem, dass die ABC-Züge jederzeit alarmierbar sind und dies mit den Wehrführern abgestimmt ist. Daher wurde für die beteiligten Kameraden eine eigene Schleife auf ihren digitalen Funkmeldeempfängern zur Alarmierung programmiert. Aus den vier genannten Städten beteiligen sich feste Einheiten an den ABC-Zügen, die generell für gefährliche Stoffe und Güter bestens ausgerüstet sind.

Aufgrund der Katastrophenschutzkonzepte des Landes Nordrhein-Westfalen wird von jedem Kreisgebiet ein „ABC-Zug NRW“ eingefordert. Dieser ist in der landesweiten überörtlichen Hilfe bei Katastrophen oder Großeinsatzlagen gefordert. Die ABC-Züge West und Ost bilden gemeinsam den „ABC-Zug NRW“ für den Rhein-Sieg-Kreis.

Um die Einsatzkräfte entsprechend auszubilden, werden sie fortlaufend geschult. 

Zum Auftakt gab es einen Kreislehrgang des ABC-Zuges West inklusive theoretischer und praktischer Prüfung sowie eine Großübung beim ABC-Zug Ost. Die Berichte zu den Lehrgängen der jeweiligen ABC-Züge finden Sie im Folgenden. 

Sondereinheit ABC-Zug Ost

ABC-Zug Ost übt zum ersten Mal: Premiere läuft sehr gut für alle Beteiligten

NEUNKIRCHEN-SEELSCHEID. „Der Tank ist leck geschlagen. Wir gehen von Ammoniak aus“, sagt Roland Küpper, Zugführer des Löschzuges Neunkirchen und sogleich Einsatzleiter bei der ersten Übung des ABC-Zuges Ost des Rhein-Sieg-Kreises. Zu diesem Zeitpunkt waren die Feuerwehrkräfte aus Neunkirchen-Seelscheid und Sankt Augustin schon auf dem Firmengelände von Thurn Produkte angerückt, hatten die Lage erkundet und den Gefahrstoff erkannt, der aus einem Tank-Container heraustrat. Unterstützt wurden sie dabei von den beiden Messleitungen mitsamt der Messgruppen aus dem Rhein-Sieg-Kreis.

Bei dieser ABC-Übung teilten sich die Messleitung Brandinspektor Gerold Barkowski aus Siegburg und Einsatzbezirksführer Brandoberinspektor Thomas Kaltheier aus Bornheim. Da aktuell ein Generationenwechsel ansteht, gaben gerade die Älteren ihr Wissen an die Jüngeren weiter. „Man braucht einige Jahre vom einfachen Feuerwehrmann bis zur Leitung Messen“, sagt ABC-Fachberaterin Brandoberinspektorin Prof. Dr. Lucia Wickert und schätzt dies auf etwa zehn bis 15 Jahre ein.

Für eine Messleitung sind je ein Messwagen und ein Einsatzleitwagen vor Ort. Diese arbeiten parallel, tauschen sich aus und unterstützen sich gegenseitig um schnellstmöglich ihre Ergebnisse als Einsatzabschnittsleiter Messen an die Einsatzleitung zu übermitteln. „Wir brauchen Platz für die Fahrzeuge“, sagt Wickert. Da habe sich eine bestimmte Struktur bewährt, damit in der Mitte zwischen den Fahrzeugen diskutiert wird. Die Kommunikation steht im Mittelpunkt. Laut der Feuerwehrdienstvorschrift (FwDV) 500 sind die einzelnen Übungsabschnitte wie folgt vorgesehen: Einsatz, Messen, Dekontamination und Rettung sowie variabel Presse oder Verpflegung.

Die einzelnen Messgruppen nahmen während dieser Übung Messungen an bestimmten Punkten in Neunkirchen vor und kommunizierten ihren Lagen an die Messleitungen, so dass entschieden werden konnte, was weiterhin getan werden muss und mit welchen Geräten. Auch die Frage, ob die Bevölkerung gewarnt werden muss, spielte eine Rolle.

Da, wo sonst Produkte für den Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel-Sektor entstehen, tauchte sich das Außengelände entsprechend in ein feuerwehrtechnisches Farbenmeer. „Wir stellen unser Gelände zweimal im Jahr zur Verfügung“, sagt Geschäftsführer Jens Christian Saalfeld, da er es für sehr wichtig erachte, dass realistisch geübt werden kann.

Für dieses Übungsszenario besonders gut, denn der ABC-Zug Ost ging in großer Besetzung an den Start: Aus Neunkirchen-Seelscheid und Sankt Augustin waren rund 30 Feuerwehrkräfte dabei und die Messgruppen zählten etwa weitere 40 Kameraden.

Anhand der GAMS-Regel arbeitete sich der ABC-Zug vor. „Für das erste Mal läuft es sehr gut“, zeigt sich Einsatzleiter Roland Küpper zufrieden. Die Feuerwehrleute konnten schließlich den Container abdichten, den auslaufenden Gefahrstoff auffangen und sich selbst in ihren Chemikalien-Vollschutzanzügen zur Dekontaminationsanlage begeben. Dort wurden sie gewaschen und gebürstet, bis jeglicher Gefahrstoff verschwunden war. Für die Feuerwehrkameraden immer eine Herausforderung, da sie unter diesem Anzug ihre gewöhnliche Kleidung mit Atemschutzgerät und Vollmaske tragen.

Im Gefahrstoffbereich hat Sankt Augustin generell weitere Kräfte eingeteilt. Demnach unterstützt die Löschgruppe Meindorf die Kameraden aus Menden und Hangelar. „Wir haben das erste Mal mit dieser Materie gearbeitet und aus unserer Sicht ist es gut gelaufen“, sagt Löschgruppenführer Uwe Karp. Sie seien im Vorfeld gut vorbereitet worden und wollen zukünftig trotzdem verstärkt üben, um im Einsatz handlungsfähig zu werden.

Der Star am Rande der Übung war wohl die Drohne aus Sankt Augustin. Mit insgesamt 60 Minuten Flugzeit ließ Herbert Maur, Leiter der Feuerwehr Sankt Augustin, die Drohne in den Himmel emporsteigen. Maur zeigte sich sehr zufrieden mit dem Flug. Seine Chance nutzte er vor allem um die Drohne von außerhalb des Absperrbereichs zu steuern.

Sondereinheit ABC-Zug West

Bestens geübt mit Stoffen und Radioaktivität: ABC-Zug West trainiert beim Kreislehrgang den Ernstfall

RHEINBACH. “Bist Du mit dem Stoff in Berührung gekommen?” – “Überall” lautet die Antwort. Die beiden Feuerwehrleute, die gerade aussehen wie Menschen aus einer anderen Welt, gehen direkt zum Dekontaminationsplatz. Vier weitere Kameraden duschen und bürsten die Anderen ab. Schließlich helfen sie ihnen die Chemikalien-Vollschutzanzüge abzulegen.

Der Dekontaminationsplatz und der dazugehörige Übungseinsatz waren Teil des Kreislehrganges vom ABC-Zug West. In Theorie und Praxis wurden rund 30 Kameraden über vier Wochen und in insgesamt 57 Übungsstunden geschult.

Dabei war der ABC-Zug West erst Ende 2016 aus dem Löschzug 3 der Stadt Bornheim sowie dem Löschzug 1 der Stadt Rheinbach gegründet worden. “Die neue Aufgabe wird gerne angenommen. Es ist etwas anderes als Technische Hilfeleistung oder Brände zu löschen”, sagt Brandinspektor Thomas Lahnstein aus Rheinbach. Mit seinen Kameraden und Stadtbrandinspektor Laurenz Kreuser, Leiter der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Rheinbach, zeigen sie sich alle sehr motiviert.

Vor dem Rheinbacher Gerätehaus wird gerade ein Standardszenario aufgebaut. Ein Tankwagen mit Gefahrgut ist verunglückt. Um welchen Stoff es sich handelt, ist noch unbekannt. Der Leiter der Feuerwehr Bornheim, Wolfgang Breuer, hat die Lehrgangsleitung und teilt sogleich die Feuerwehrkameraden ein. Trupps werden ausgerüstet, erkunden die Lage und geben die erste Rückmeldung. “Die Leckrate beträgt 200 Liter pro Minute.” Sie versuchen den Tankwagen abzudichten. Dies erfolgt soweit wie möglich mit Holzkeilen, da diese im ersten Moment am besten geeignet sind. Nach dem Abdichten fließen zwar noch rund zwei Liter pro Minute aus dem Behälter, aber diese fängt eine Edelstahlwanne mit Kunststofffolie auf. Sicherheitshalber verwenden die Feuerwehrleute beides. “Wenn wir wissen, um welchen Stoff es sich handelt, können wir vernünftig damit umgehen”, sagt Einsatzbezirksführer Brandoberinspektor Thomas Kaltheier aus Bornheim. Gerade bei Gefahrgut-Transportern sei es schwierig zu wissen, welcher Stoff gegeben sei. Manche Stoffe würden das Material der Pumpe zerstören. Dies gilt auch für die Edelstahlwanne oder die Folie. Entsprechend ist der andere Teil dabei. Schließlich pumpen die Feuerwehrleute den Stoff aus dem Tankwagen um in einen Behälter. Bei dieser Übung handelt es sich um Chlor. Mindestens zwei Mann besetzen den Einsatzleitwagen (ELW). Dieser ist zur Stoffidentifikation vor Ort. Sie recherchieren anhand ihrer Datenbanken elektronisch und händisch, um welchen Stoff es sich handelt, ob die Anzüge zum Eigenschutz korrekt und die verwendeten Materialien beständig sind. In erster Linie ist bei diesen Einsätzen wichtig, dass keine Menschenleben in Gefahr sind, dann wird auf den Eigenschutz der Feuerwehrleute geachtet und schließlich wird verhindert, dass mögliche Sachschäden entstehen.

Parallel zu dieser Übung trainierte ein Teil der Gruppe zudem eigens das professionelle Ausziehen der Vollschutzanzüge. Dazu hatte ABC-Fachberaterin Prof. Dr. Lucia Wickert einen Kontaminationsnachweis aus dem Strahlenschutz vorbereitet. Verschiedene Behälter mit angeblich radioaktiver Strahlung versteckte sie dazu auf dem Parkplatz. Mit einem Kontaminationsnachweisgerät wurde die atomare Strahlung gemessen und die Kameraden eben anschließend entsprechend entkleidet. Begeistert waren die Lehrgangsteilnehmer vor allem von einer Übung bei der Firma Evonik. Hier konnten sie an einem großen Kesselwagen üben und sogar die geforderte Absperrgrenze von 50 Metern einhalten. Vor dem Feuerwehrhaus ist es etwas enger, jedoch sind bei den Übungen vor allem die Abläufe wichtig. Am Ende ist das Ergebnis überaus positiv, denn beide Löschzüge haben nicht nur äußerst gut zusammen gearbeitet – Theorie und Praxis wurden mit überwiegend sehr guter Leistung bestanden.